Was ist Internetsucht - Webaholic?

Was macht das Netz so unwiderstehlich?

Internetsucht Bild - SymbolDas Thema Internetsucht ist bislang noch recht unbekannt. Sowohl in der Forschung, als auch, und dies viel mehr, der Allgemeinheit. Deshalb ist es nötig über dieses Problem aufzuklären. Das Netz soll nicht verteufelt oder in falsches Licht gestellt werden, aber die Benutzer sollten sich über mögliche Gefahren bewusst sein und, vor allem Jugendliche und Kinder, den richtigen Umgang mit diesem Medium, wie auch mit jedem anderen, erlernen. Wer das Internet richtig zu nutzen weis kann eine menge Vorteile daraus ziehen, wer es aber nicht kann, ist gefährdet sich schnell darin zu verlieren.

Eine stoffungebundene Sucht

Das Wort Internet- oder Onlinesucht beschreibt den zwanghaften Drang zum surfen, chatten, spielen, downloaden oder sonstigen unkontrollierten Aktivitäten im Internet. Für Betroffene wird das Netz zum wichtigsten Bestandteil im Tagesablauf, ähnlich wie bei der Spielsucht, gerät bei Net-Junkies das soziale, finanzielle und emotionale Gleichgewicht ins Wanken. Dies führt über das Zerbrechen von Beziehungen bis hin zum Verlust der Arbeit. Die virtuelle Welt ersetzt die reale, sodass Aufgaben und Verpflichtungen im wirklichen Leben nicht mehr wahrgenommen werden. Dieser Kontrollverlust und das Versagen beim Einschränken der Internetaktivitäten, bereitet Betroffenen oft Schuldgefühle.

Süchtige wollen und können ihre Sucht nicht realisieren und versuchen sie vor Freunden und Bekannten zu verheimlichen. Von der Außenwelt zurückgezogen und stundenlanges herumsurfen, auch nachts, ist für Internetsüchtige typisch.

Die Internetsucht als solche, sieht man von körperlichen Schäden wie Rückenschmerzen und Sehschwächen ab, ist nicht weiter schädlich, die eigentliche Gefahr ist das Zusammenbrechen des sozialen und geschäftlichen Umfelds.

Mediensucht als moderne Volkskrankheit?

Mediensucht ist der Oberbegriff der auch die Internetsucht, als eine Sucht nach einem Medium, einschließt. Die Mediensucht zählt somit zu den stoffungebundenen bzw. substanzunabhängigen Süchten. Grundsätzlich kann jedes Verhalten des Menschen, vor allem, wenn es bereits zur Gewohnheit wurde, süchtig "entgleisen". Die Grenze zwischen dem unproblematischen und dem problematischen Konsum oder Verhalten zu ziehen, ist äußerst schwierig. Der Übergang vom gewohnheitsmäßigen Konsum, über den Missbrauch und den schädlichen Gebrauch, bis zur Abhängigkeit ist fließend.

Die am meisten gefährdete Gruppe sind Jugendliche und Kinder. Dabei stehen interaktive Medien im Fordergrund: Fernsehen, Internet, Handy etc.

Grundsätzlich ist jedes Kind mehr oder minder gefährdet, jedoch erhöht sich das Risiko je früher Kinder mit einem solchen Medium in Kontakt kommen, d.h. solange sich das Wesen des Kindes noch nicht gefestigt hat. Eltern sollten also schon früh darauf achten, wie oft und wie lange ihr Kind Medien benutzt.

Mediensüchtige werden häufig aggressiv oder depressiv und unzufrieden. Die Meisten vereinsamen und haben kaum noch Freunde. Als körperliche Schäden können durch das viele Sitzen Rücken- und Kopfschmerzen auftreten, auch irreparable Sehschwächen sind häufig vertreten. Eng verknüpft mit der Mediensucht sind chronische Krankheiten wie z.B. Fettsucht (Adipositas). Bislang gibt es allerdings keine exakte Definition der Mediensucht, da die wissenschaftliche Forschung hier noch am Anfang steht. Deshalb werden die Kosten, mittlerweile vorhandener, Therapien von den Krankenkassen auch nicht immer übernommen.

Auf viele Menschen übt das Internet eine geradezu magische Anziehungskraft aus. Aber was macht das Internet so attraktiv? An erster Stelle steht die Anonymität. Man muss seine Identität nicht preisgeben und somit auch nicht ungeliebte Charakterzüge und Eigenschaften. Soziale Klassen sind aufgehoben und man tritt mit Menschen in Kontakt, welche man sonst gemieden hätte oder, was zum Suchtpotenzial gehört, mit welchen man sonst nicht in Kontakt gekommen wäre. Es tritt sogar ein gewisses Gruppengefühl und eine Gruppenzugehörigkeit auf. So entsteht ein sozialer Austausch, den vor allem Menschen mit wenig realen sozialen Kontakten für sich entdecken.

Das Internet als Medium vereinigt alle uns bisher bekannten Medien wie z.B. Zeitung, Fernsehen, Radio, Telefon etc. und bietet uns damit ein Gros an Möglichkeiten. Man könnte auch sagen dass das Net damit alle Reize dieser Medien in sich vereinigt, somit auch die Nachteile.

Der User kann (scheinbar) selbst entscheiden was er macht; was er ließt, schreibt, anklickt, herunterlädt usw. Auch der Belohnungseffekt spielt eine große Rolle, das Ergebnis für vollbrachte Handlungen ist schnell zu sehen und schnelle Aufmerksamkeit und Anerkennung krönen Erfolge. So beispielsweise bei der Mitteilung von Erfahrungen und Hilfeleistung bei diversen Dingen.

Kurze "Wege" , stetige Erreichbarkeit sowie ein leichter Zugang vermitteln ein Gefühl von Mobilität und Flexibilität.

Die Internetsucht und ihre Erforschung

Sucht Symbolisch

1995

Die Internetsucht wird als scherzhafte Scheindiagnose von dem New Yorker Psychiater Ivan Goldberg erfunden. In Anlehnung an das amerikanische Diagnoseschema DSM-IV veröffentlicht er eine Liste mit Symptomen der Internetsucht. Statt belustigter Reaktionen der Kollegen zu ernten wurde der Scherz zum Selbstläufer und ernsthafte Untersuchungen schlossen sich an.

Im selben Jahr etabliert Kimberly Young von der "University of Pittsburgh" erstmals den Begriff "IAD" für "Internet Addiction Disorder". Sie schreibt mehrere Bücher und richtet in den Folgejahren eine Online-Beratungsstelle für Betroffene ein. Der Name dieser Einrichtung lautet "COLA" und steht für "Center of OnLine Addiction". Die von ihr anfangs behaupteten 20 Prozent an Abhängigen hat sie in den letzten Publikationen auf sechs Prozent reduziert.

1996

Maressa Orzack (McLean Hospital, Massachusetts) bestätigt das Phänomen "internet addiction" im Ausmaß von 6,0 bis 9,0 Prozent der User und vermutet diese vorwiegend in den Chatrooms.

1997

Die US-Amerikaner Victor Brenner und John Suler bestätigen die vorliegenden Untersuchungen, beurteilen sie aber durchaus zurückhaltend. Nicola Döhring (Deutschland) wendet sich gegen verallgemeinernde Einschätzungen, ortet Suchtphänomene vor allem bei Online-Spielen, so genannten "muds".

1998

Hans Zimmerl verfasst die erste deutschsprachige Studie, die sich jedoch ausschließlich auf den Bereich "chatroom" konzentriert. Er weist in diesem Anwendungsbereich 12,7% Abhängige nach.

1999

Gabriele Farke etabliert die erste deutsche Selbsthilfegruppe - die mangels öffentlicher Förderung in ihrer Existenz bedroht ist - und betreibt als "Ex-Süchtige" umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit.
Matthias Jerusalem und Andre Hahn von der Humboldt-Universität in Berlin beginnen eine breit angelegte Forschungsstaffel mit 10.000 Befragten. Sie befinden rund drei Prozent der Untersuchten als internetsüchtig.

2000

Oliver Seemann (Psych. Klinikum München) führt in seiner Studie 4,6 Prozent Abhängige an.

2001

Franz Eidenbenz (Schweiz) führt mit Andre Hahn (Berlin) die vierte Staffel einer – dieses mal auch die Schweizer User beteiligenden – Studie durch. Er hat zuvor in Zürich die erste Schweizer Beratungsstelle für Onlinesüchtige geschaffen und betreut diese.

Gegenwärtig

ist die Diagnose "Internetsucht" ein strittiges Thema, da die Begriffe "Internet Addiction Disorder", "Pathological Internet Use" oder die deutschen Entsprechungen "Internetsucht" und "Pathologischer Internetgebrauch" das Internet als Ursprung und Ursache der Verhaltensstörung festzumachen scheinen. Mit den Begriffen sollte jedoch nur zum Ausdruck gebracht werden, dass die Verhaltensstörung an das Internet als Austragungsort gebunden ist.

Die Bezeichnung der zugrunde liegenden Störung reicht z.B. von "Störung der Impulskontrolle" (in Anlehnung an die Spielsucht), "Zwangsstörung" bis etwa einer "modernen Verhaltensstörung und eskalierten Normalverhaltens-weise" oder einer "spezifischen Form technologischer Süchte". Festzuhalten ist, dass das Internet nicht automatisch süchtig macht, aber dass gefährdete Personen eine süchtige Verhaltensstörung im Gebrauch des Mediums Internet entwickeln können.

Wie äußert sich die Sucht nach dem Netz?

Häufige Symptome bei Medien- bzw. Internetsüchtige sind Konzentrationsschwäche, Gereiztheit und/oder Schlafstörungen. Ebenfalls häufige Merkmale einer Netzsucht sind wenn man:

  • sich des Internet bedient um vor Problemen zu fliehen und um schlechtes Befinden zu bessern.
  • Freunde und Familie belügt um das Ausmaß der Beschäftigung mit dem Internet zu verbergen, was häufig Schuldgefühle nach sich zieht.
  • Beziehungen, Arbeits-, Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten zugunsten des Internet in Gefahr bringt.

Es treten auch klassische Entzugserscheinungen auf, z.B. muss man an das Internet denken, selbst wenn man offline ist, d.h. das Internet bekommt einen befriedigenden Charakter.
Weiter kann der Internetgebrauch /-konsum trotz hoher Gebühren nicht mehr kontrollieren werden.

Grundsätzliche Gefährdung

Gefahr BildDie Kriterien bzw. Vorraussetzungen für eine Internetsucht sind meist die gleichen wie bei anderen Süchten und damit übertragbar. In erster Linie erfüllt das Internet ein Bedürfnis oder einen Sehnsucht. So ist die Suchtwahrscheinlichkeit bei ausgeglichenen Menschen mit einem gesunden Selbstbewusstsein und guten sozialen Kontakt, nicht nur in Bezug auf das Internet, sehr gering. Als besonderst gefährdet gelten Menschen mit sozialen Defiziten und solche, die mit sich und dem Leben unzufrieden sind, häufig auch Alleinstehende und Arbeitslose. Dabei ist es egal ob Frau oder Mann.

Besonderst oft vertreten ist die Erfüllung erlebter Mängel im realen Leben. Schnelle Kontaktaufnahme und Anonymität im Internet setzten die Hemmschwelle, die für Betroffene im realen Leben zu hoch ist, herunter und verschafft so schnelle Erfolgserlebnisse und virtuelle Kontakte.

Allgemeiner Suchtneigung und hoher Zugewandtheit zur eigenen Fantasie, d.h. Leben in einer eigenen, von der Realität abgekoppelten, Welt, bietet das Internet ideale Bedingungen.

Eine eigene Kategorie bilden andere, vorausgehende psychische Störungen wie z. B. Depressionen.

Zusammengefasst sind psychisch labile Menschen am meisten gefährdet. So sind ausschlaggebend für eine Internetsucht meist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren die da wären: psychische Labilität, soziale Unausgewogenheit, geschäftliche Rückschläge und familiäre Probleme. Selten tritt nur ein Faktor auf. Nicht zu vergessen ist selbstverständlich der häusliche Internetzugang.

Kriterien der Internetsucht

Gegenwärtig ist die Diagnose "Internetsucht" ein strittiges Thema, da die Begriffe "Internet Addiction Disorder", "Pathological Internet Use" oder die deutschen Entsprechungen "Internetsucht" und "Pathologischer Internetgebrauch" das Internet als Ursprung und Ursache der Verhaltensstörung festzumachen scheinen.

Da der Stand der Forschung noch keine eindeutige Definition der Internetsucht zulässt, kann man auch keine medizinisch belegte Diagnose stellen. Allerdings ist eine Orientierung an den diagnostischen Kriterien von Zimmerl und Panosch möglich:

Es besteht:

  • Ein häufiger, unwiderstehlicher Drang sich ins Internet einzuloggen.
  • Ein Kontrollverlust über Onlineaktivitäten, einhergehend mit Schuldgefühlen.
  • Negative soziale Auffälligkeit im engsten Umkreis.
  • Nachlassende Arbeitsfähigkeit.
  • Verheimlichung des Ausmaßes der Onlinezeiten.
  • Psychische Irritabilität bei Verhinderung online zu sein.
  • Mehrfache vergebliche Versuche der Internet-Einschränkung.


Sollten drei der genannten Kriterien über einen Zeitraum von sechs Monaten vorhanden sein, ist das "gefährdete Stadium" gegeben.

Sollten vier der angekreuzten Kriterien über einen Zeitraum von vier Monaten vorhanden sein, ist das „kritische Stadium“ gegeben.

Sollte das „kritische Stadium“ überstiegen werden und bereits Folgeschäden (sozialer, geschäftlicher und körperlicher Natur) auftreten, ist das „chronische Stadium“ gegeben.

Es wird noch einmal betont dass dies keine offizielle Diagnose-Methode darstellt noch als Grundlage einer eindeutigen Diagnose dient.

Auf dem Weg zurück ins Leben

Hoffnung BildWenn Sie ihr Problem oder gar die Sucht nach dem Internet für sich erkannt haben, ist der erste Schritt bereits getan. Das Dilemma der Internetsucht ist, dass das Internet ein alltäglicher Gegenstand ist den man nicht ignorieren oder verbannen kann. Bei der Therapie der Internetsucht geht es vielmehr darum, ein bewusstes und verantwortungsvolles Umgehen mit diesem Medium zu schulen. Es muss also der Umgang damit wirklich gelernt werden.

Bevor Sie sich an Therapeuten, Selbsthilfegruppen oder dergleichen wenden, sollten Sie bei sich selbst anfangen. Denn jede Hilfe kann Ihnen nur den Weg zeigen und beim beschreiten behilflich sein, gehen müssen Sie ihn aber immer selbst. Deshalb sollten Sie die ersten Maßnahmen selbst ergreifen, und damit auch die Initiative.

Versuchen Sie, soweit es möglich ist, den Computer aus dem direkten Wohnbereich zu entfernen, bspw. aus dem Wohn- oder Schlafzimmer. Schränken Sie als nächstes die Onlinezeiten ein. Erstellen Sie dazu einen Plan wie lang und wann Sie ins Netz gehen.

Und reden Sie! Sprechen Sie vertraute Freunde oder Verwandte darauf an, keiner wird sagen: „interessiert mich nicht“. Geteiltes Leid ist Halbes Leid, es ist eine große Erleichterung nicht mehr zu schweigen zu müssen. Reden Sie sich sprichwörtlich alles von der Seele. Fangen Sie gleichzeitig an Ihre Erlebnisse und Probleme aufzuschreiben. So kann man eine Menge verarbeiten und gleichzeitig sich selbst und seine Fehler erkennen.

Was haben Sie getan, bevor Sie das Internet gebannt hat? Such Sie sich ein Hobby das Sie interessiert oder greifen Sie ein altes wieder auf.

Treffen Sie Onlinebekanntschaften, die Ihnen wichtig sind und die Sie nicht missen wollen, nicht im Netz, sondern Offline.

Wenn Sie ins Internet gehen, machen Sie sich vorher genau klar was Sie machen wollen/müssen. Halten Sie sich daran und schalten Sie den PC ab wenn Ihre Zeit „abgelaufen“ ist. Es reicht einmal am Tag e-Mails zu beantworten.

Sollten Sie nun sehen, dass Sie es trotz allem nicht alleine schaffen, suchen Sie Hilfe.

…nichts ist unmöglich, auch für Sie nicht!